Wer sich mit agilen Prinzipien auseinandergesetzt hat, müsste bei der Frage im Titel eigentlich zusammen zucken. Und doch taucht die Frage in Transformationsprojekten in der ein oder anderen Form immer wieder auf:
- Wer trifft eigentlich hier die Entscheidungen?
- Wieso werden im Meeting xy Entscheidungen getroffen, obwohl ich als Leiter abc nicht dabei bin?
- Wie kann ein Team selbst bestimmen, was es umsetzt?
Auch Feststellungen werden getroffen, die auf ein bis dahin wenig ausgeprägtes agiles Mindset schließen lassen:
- Selbstorganisation geht doch nur begrenzt; die Mitarbeiter kennen doch gar nicht das “Große Ganze”.
- Agilität ist ja schön und gut – aber die Rahmenbedingungen und die Reihenfolge der Bearbeitung gibt der Kunde vor.
- Ich als Leiter abc verantworte alle Ergebnisse. Also übersteuere ich ggf. auch alle Entscheidungen, die ein Team selbst trifft.
Derartige Fragen und Aussagen werden von verschiedenen Rolleninhabern wie Linienführungskräften (Abteilungsleiter, Projektleiter, Programmmanager), aber auch von Productownern, Scrummastern, RTEs, Produktmanager etc. in den Raum gestellt.
Agilität bricht alt hergebrachte (hierarchische) Strukturen auf und verlangt eine konsensuale selbstgesteuerte Arbeitsweise von allen Beteiligten. In Transformationsprojekten ist der entscheidende Erfolgsfaktor, ob alle Beteiligten sich dieser Anforderung hinreichend nähern können.
Von Führungskräften wie von Mitarbeitern zu verlangen, ihr jahre – oder jahrzehnte lang eingeübtes tailoristisches Verhalten über Nacht zu verändern, ist illusorisch. Deshalb ist es wesentlich, den Change-Prozess durch entsprechende Unterstützung von speziellen Transitionteams und/oder erfahrenen Coaches begleiten zu lassen, die auf allen Ebenen einwirken können.
Insbesondere wenn es darum geht, nicht einzelne Teams auf Scrum umzustellen, sondern größere Organisationen in ein skaliertes agiles oder leanes Umfeld zu überführen, bedarf es einer ausgeprägten Vorgehensweise. Gerade in einem derartigen Kontext ist die Veränderung des mindsets der Führungskräfte maßgeblich für den Erfolg der gewünschten Transformation. Diese umfasst dann zu Beginn eine intensive Auseinandersetzung der Führungskräfte mit agilen Prinzipien und darüber hinaus mit Grundsätzen, die z.B. im Rahmen eines skalierten Frameworks wie SAFE die Basis für den nachhaltigen Erfolg sind.
Wenn alle Beteiligten diese Grundsätze und Prinzipien wirklich verinnerlicht haben, fällt es Ihnen auch leichter, der Selbstorganisation Ihre Raum zu belassen und die Frage aus der Überschrift zu vergessen.
Auf lange Sicht wird eine Transformation erfolgreich sein, wenn sich die erhofften Effekte wie eine bessere Produktivität, bessere time-to-market o. Ä. tatsächlich zeigen. Dann werden die Prinzipien sich selbst verstärkend auswirken und kaum einer wird die Chef-Rolle in Bezug auf die Umsetzung von Projekten vermissen.